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Rezension – Hochsensible Männer

Hochsensible Männer – Tom Falkenstein

Nachdem ich zwischenzeitlich aufgehört hatte, Rezensionen über HS-Bücher zu schreiben, weil sich die Informationen kaum unterscheiden und lediglich die Betrachtungsweisen und -schwerpunkte variieren, freute ich mich doch darauf, dieses Buch zu lesen.

In Teil 1 rückt Tom Falkenstein die theoretische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Hochsensibilität und die Betrachtung des Forschungsstandes in den Mittelpunkt. Das gelingt ihm sehr gut. Ich hatte schon länger den Eindruck, den Überblick über die sich rasant verändernden Forschungen verloren zu haben. Nach der Lektüre war mit meinen Bedenken aufgeräumt und ich meine jetzt wieder auf einem guten Stand zu sein. Auch die prägnante Abgrenzung zu anderen Diagnosen, die viele mir bekannte HSP fälschlicherweise in ihrer Krankenakte versammeln, ist sehr hilfreich für Neulinge im Thema und schließt Zweifel weitgehend aus.

In Teil 2 liegt der Fokus auf Strategien im Umgang mit den Eigenheiten der Hochsensibilität: Emotionsregulation, Achtsamkeit und Akzeptanz, Entspannung und Imagination sowie schließlich Selbstbild, Selbstwert und Selbstfürsorge. Allesamt sehr wichtig für den sich neu entdeckenden Hochsensiblen. Jeweils mit zwei oder drei Techniken unterlegt, welche wiederum wissenschaftlich fundiert eingeordnet sind. Ich muss gestehen, dass ich viele dieser Techniken selbst im eher spirituellen Kontext kennen gelernt habe und mich immer eher schwer tat, sie so selbstverständlich zu empfehlen. Abschließend liefert das Kapitel auf mehreren Seiten wertvolle und gebündelte Ideen zur Selbstfürsorge in den wichtigsten Kontexten, sprich Alltag und Freizeit, Beruf und verschiedene soziale Beziehungen. In der Form habe ich eine so ausgearbeitete Auflistung noch nicht gefunden. Sie spricht sehr für den Vorteil, dass der Autor psychologischer Psychotherapeut mit entsprechender Erfahrungsbreite ist.

Als besonders lesenswert empfand ich auch das Interview mit Elaine N. Aron im Anhang. Selbst hier fand ich noch Hinweise auf meine HS im Zusammenhang mit der Elternschaft, für die ich im Moment des Lesens sehr dankbar war, auch wenn sie für mich grundsätzlich nicht neu waren. Diese Frau hat einfach so einen liebevollen Blick auf das Phänomen, dass es einer HSP nur guttun kann.

Insgesamt ist das Buch ein hervorragendes, sachlich fundiertes Buch ohne viele persönlich vermutete Zusammenhänge zu anderen Phänomenen. Menschen, die sich neu in die Materie einarbeiten wollen, finden hier ein sehr logisch aufgebautes und aufschlussreiches Buch. Mit zahlreichen Betroffenen-Interviews, die eine gewissen Bandbreite der Wirklichkeit abbilden, bietet das Buch einen starken Praxisbezug. Der einzige große Nachteil dieses Buches besteht darin, dass es sich so deutlich an Männer richtet. Wenigstens 90 % des Inhalts treffen auf Frauen genauso zu und die letzten 10 % sind meiner Meinung nach leicht auf Frauen übertragbar. In jedem Fall werde ich es in Zukunft geschlechtsunabhängig weiterempfehlen.